BAe 146

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BAe 146
BAe 146-200 der Lufthansa CityLine
Avro RJ85 der Lufthansa CityLine
Typ Vierstrahliges Standardrumpfflugzeug
Entwurfsland

Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich

Hersteller British Aerospace
Erstflug 9. März 1981
Indienststellung Mai 1983
Produktionszeit

1981 bis 2003

Stückzahl 387

Die British Aerospace BAe 146, seit 1993 auch bekannt als Avro RJ, ist ein vierstrahliges Kurzstrecken-Passagierflugzeug in Schulterdeckerausführung. Kennzeichnend für die Maschine ist neben dem hoch angesetzten gepfeilten Tragflügel mit der ausgeprägten negativen V-Stellung und den vier Triebwerken der außerordentlich geräumige Rumpf. Umgangssprachlich wird der Flugzeugtyp im deutschsprachigen Raum aufgrund seiner Ähnlichkeit zum Jumbo, der Boeing 747, auch Jumbolino genannt. Die Wortschöpfung entstand in der Regionalfluglinie Crossair, welche selbst diesen Typ betrieb.

Entwicklungsgeschichte

Der ursprüngliche Entwurf mit der Bezeichnung HS.146 stammt von Hawker Siddeley aus dem Jahr 1973. Durch die Wirtschaftskrise Mitte der 1970er Jahre schwanden die Marktchancen für das geplante Zubringerflugzeug, so dass die Entwicklung zunächst auf Eis gelegt wurde. 1978 nahm die staatliche British Aerospace (BAe) – die zwischenzeitlich Hawker Siddeley übernommen hatte – das Projekt wieder auf. Der Erstflug der 146-100 fand am 3. September 1981 statt, die Auslieferung der Erstversion begann 1983. Fast gleichzeitig kam die um 2,4 Meter verlängerte Version 146-200 (Erstflug August 1982) auf den Markt. Ende 1988 folgte die um nochmals 1,55 Meter gestreckte 146-300.

Eine BAe 146-100 / Avro RJ70
Eine BAe 146-200 / Avro RJ85
Eine BAe 146-300 / Avro RJ100
Kabine einer Avro RJ85 der City Jet

Ab 1992 wurden die Modelle überarbeitet. British Aerospace gründete 1993 die 100%ige Tochter Avro International Aerospace zur Produktion der nun Avro RJ (für RegioJet) genannten BAe 146. Die 146-100 wurde so zur Avro RJ70, die 146-200 zur RJ85 und die 146-300 zur RJ100. Gegenüber dem Ausgangsmuster von BAe erhielten die RJ neue leisere Triebwerke vom Typ Textron Lycoming LF507 mit einem Schub von 31,1 kN und modernere Avionik. Aerodynamische Verbesserungen reduzierten den Luftwiderstand und erhöhten die Leistungsdaten. Die Dienstgipfelhöhe wurde gesteigert, und durch Änderungen an der Struktur konnte das Gewicht gesenkt werden. Der Erstflug der RJ85 erfolgte am 23. März 1992, der der RJ100 am 13. Mai 1992 und der der RJ70 folgte am 23. Juni 1992. Im Oktober 1998 wurde dann ein reines Geschäftsreiseflugzeug "Corporate Jet" ABJ-70 auf Grundlage der Avro RJ70 vorgestellt.[1]

Am 27. November 2001 kündigte der inzwischen als BAE Systems firmierende Avro-Mutterkonzern infolge der Terroranschläge des 11. September 2001 das Ende des RJX-Projekts an, welches eine Weiterentwicklung der Avro RJ war. Es lagen zu diesem Zeitpunkt Bestellungen für zwei RJX85 (für Druk Air) und zwölf RJX100 plus acht Optionen (für British European Airways) vor. Damit waren die drei gebauten Exemplare (ein RJX85-Prototyp, ein RJX100-Prototyp und eine Serien-RJX100, ursprünglich für British European gefertigt) die letzten in Großbritannien gebauten Verkehrsflugzeuge. Bis zum Ende der Produktion Anfang 2002 waren insgesamt 394 Exemplare aller Versionen (davon 87 RJ85) gebaut worden, womit die von der Vickers Viscount gesetzte Marke mit 440 Exemplaren als meistverkauftes britisches Verkehrsflugzeug auch weiterhin unübertroffen ist.

Einsatz

Haupteinsatzziel sind Routen mit Stadtflughäfen wie London City oder dem (inzwischen geschlossenen) Flughafen Berlin-Tempelhof. Die Maschinen verfügen über hohe Leistungsreserven und sehr gute Kurzstart- und Landeeigenschaften bei geringen Geräuschemissionen. Bei den Passagieren sind die Maschinen beliebt, erlaubt der Rumpf doch eine für ein Regionalflugzeug großzügige Bestuhlung, eine ordentliche Gepäckablage und einen breiten Mittelgang. Letzteres erlaubt auch eine zügige Bodenabfertigung. Der Rumpf ist deutlich größer als bei der Jet-Konkurrenz von Embraer oder Bombardier, was aber durch teilweise enge Bestuhlung mit sechs Sitzen je Reihe konterkariert wird.

Nachteil der Maschinen ist aber, dass sie mit einer Reisegeschwindigkeit von etwa 690 km/h die Flugleistungen turbopropgetriebener Regionalflugzeuge kaum übertreffen. Zudem haben die Avro Regionaljets mit maximal 2800 Kilometern auch keine höhere Reichweite als die propellerbetriebene Konkurrenz.

Als weiterer Nachteil werden oft die vier Triebwerke genannt, die trotz fehlender Schubumkehr wartungsintensiver sind als zwei Aggregate. Der Treibstoffverbrauch ist insbesondere bei den älteren ALF-502-Triebwerken nach einer Studie der Lufthansa, die beide Flugzeuge einsetzt, deutlich höher als bei vergleichbar großen Versionen des Bombardier Canadair Regional Jet.[2]

Eine weitere Besonderheit ist, dass die BAe 146 eine Luftbremse am Heck besitzt, die zwei Bremsklappen seitlich öffnet. In der Regel befinden sich die Bremsklappen an den oberen Seiten beider Tragflächen und werden dann Störklappen genannt. Oft werden diese vor der Landung ausgefahren, um die Geschwindigkeit am Boden rascher zu verringern, da die Schubumkehr fehlt, oder für Anflüge mit steilerem Gleitweg (wie bspw. London City). Die Luftbremse ist für einen sicheren Flug nicht erforderlich. Diese Art der Luftbremse verändert nicht die Aerodynamik am Flügel.

Zwischenfälle

  • Am 24. November 2001 kam es beim Crossair-Flug 3597 zum Absturz einer Avro RJ100 (Kennzeichen HB-IXM) beim Anflug auf den Flughafen Zürich, bei dem von 33 Menschen an Bord 24 ums Leben kamen. Die Maschine befand sich auf dem Flug von Berlin-Tegel nach Zürich, als sie in Dunkelheit und leichtem Schneeregen ca. 5 Kilometer vor der Piste 28 in einen Wald stürzte.
  • Am 13. Februar 2009 gab es eine Bruchlandung am Flughafen London City, bei der das Flugzeug vom Typ Avro RJ100 der British Airways seine Fronträder verlor. Zwei der 67 Passagiere und vier Crew-Mitglieder wurden dabei leicht verletzt.[4]

Probleme der Luftversorgung

In der Mitte der achtziger Jahre geriet die BAe 146 – besonders in Australien – in die Kritik, weil durch das Zapfluftsystem mehrfach der Verdacht bestand, dass giftige Öldämpfe in die Kabine befördern würden. Hierdurch wurden mehrere Personen vergiftet. Professor Chris Winder, ein australischer Toxikologe, bemängelte: „Zuerst kamen 1997 zwei Piloten und eine Stewardess. Etwas später wurden aus drei fünf, aus fünf wurden zehn, dann zwanzig. Da habe ich realisiert: Hier ist etwas im Gang. Dann tauchte ein französischer Kollege mit ähnlichen Fallzahlen von Betroffenen auf, die die gleichen Probleme hatten. Da war mir klar: Wir haben hier ein internationales Problem!“[5] Avro gab damals Probleme des Atemluftsystemes zu, sorgte aber nicht für Verbesserungen. Bis heute sind 233 Fälle bekannt, das entspricht 22,19% der gesamten Fälle dieser Art von Vergiftung, die auch aerotoxisches Syndrom genannt wird.[6]

Technische Daten

Kenngröße BAe 146-100 / Avro RJ70 BAe 146-200 / Avro RJ85 BAe 146-300 / Avro RJ100
Länge: 26,16 m 28,55 m 30,99 m
Spannweite: 26,34 m
Höhe: 8,61 m 8,59 m
Tragflügelfläche: 77,3 m²
Leergewicht: 31,1 t 33,3 t 35,6 t
Maximales Startgewicht: 43,0 t 43,99 t 46,0 t
Passagiere: 70–82 85–100 100–112
Höchstgeschwindigkeit: 780 km/h
Flugreichweite: 2.800 km 2.600 km 2.400 km
Antrieb: BAe 146: 4 × Lycoming (jetzt Honeywell) ALF 502 mit je 31 kN Schub

Avro RJ: 4 × AlliedSignal (jetzt Honeywell) LF 507 mit je 31,15 kN Schub

Besatzung:
(Cockpit)
Zwei

Einzelnachweise

  1. Avro RJ (airliners)
  2. Lufthansa-Nachhaltigkeitsbericht 2008 S. U3/112
  3. http://www.airsafe.com/events/models/bae.htm
  4. http://news.bbc.co.uk/2/hi/uk_news/england/7890006.stm?lss
  5. http://www.wdr.de/tv/markt/sendungsbeitraege/2010/0329/00_aerotoxic.jsp
  6. http://www.wdr.de/tv/markt/sendungsbeitraege/2010/0329/download/100329-Airlines_Tabelle_plusminus.pdf
Commons: BAe 146 – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien