Bohrturm

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 10. März 2024 um 13:57 Uhr durch Wikifriendmaker (Diskussion | Beiträge) (Änderung 242963545 von Rex250 rückgängig gemacht;). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Moderne, schwere Bohranlage
Mobiler Bohrturm auf einem GAZ-66-LKW

Ein Bohrturm ist ein freistehender Turm samt zugehöriger Ausrüstung, der dazu dient, um Bohrungen auf Erdöl, Erdgas, Sole oder Wasser (thermal) niederzubringen (bergmännisch: abzuteufen) bzw. unterirdische Hohlräume (unter Einsatz der Richtbohrtechnik) aufzufahren. In manchen Fällen wird ein Bohrturm auch verwendet, um eine bestehende Bohrung aufzuwältigen oder eine nicht mehr wirtschaftlich nutzbare Bohrung zu verfüllen. Daneben erfolgt auch der Einsatz für Bohrungen, welche rein wissenschaftlichen Zwecken dienen, wie das Kontinentale Tiefbohrprogramm der Bundesrepublik Deutschland.

Geothermie-Bohrturm in Bayern für eine Tiefe von 3500 Metern
Bohrturm aus den 1980er Jahren

Bestandteile und Funktion

Wesentliche Komponenten eines Bohrturmes sind neben dem Gerüst der Unterbau, die Arbeitsbühne, die Fingerbühne, der Kloben (Kranhaken) und das Hebewerk. Nicht unmittelbar zum Turm gehört funktional weiteres Zubehör wie etwa der Blowout Preventer (BOP), die Schließanlage, die Spülpumpen, das Spülungssystem oder Geräte zur Energieversorgung (dieselelektrisch, dieselmechanisch oder elektrisch).

Je nach Art der Kraft- beziehungsweise Drehmomentübertragung auf das Bohrgestänge und den Bohrmeißel unterscheidet man zwischen Drehtischantrieb oder Kraftdrehkopf (englisch: Top Drive). Beim Drehtischantrieb erfolgt die Kraftübertragung über eine sogenannte (vier-, sechs- oder achteckige) Mitnehmerstange (englisch: Kelly) und eine rotierende Einrichtung auf der Arbeitsbühne. Der modernere Kraftdrehkopfantrieb überträgt am Kopf des Bohrgestänges die Kraft direkt.

Zumeist werden Bohranlagen und somit deren Größe anhand der von ihnen ausführbaren Hakenlasten (Zuglasten) klassifiziert. Leichte Bohrtürme sind für Hakenlasten bis etwa 100 Tonnen ausgelegt, mittlere Bohrtürme sind in der Lage, etwa 200 Tonnen zu ziehen, schwere Anlagen können bis zu 700 Tonnen Hakenlast besitzen.

Kleine und mittlere Bohrtürme sind im Regelfall leicht demontierbar ausgeführt, zumeist in Form eines Teleskopmastes, der auf einem Fahrzeug montiert ist und so am Bohrplatz hydraulisch aufgeschwenkt und auf die volle Höhe ausgefahren wird. Die Gesamthöhe ist dabei jedoch durch zulässige Fahrzeuglängen auf etwa 30 m beschränkt. Schwere Bohrtürme werden meist in transportierbare Einheiten zerlegt und mit Schwertransportern zur nächsten Bohrstelle gefahren.

Nach Abschluss der Bohr- beziehungsweise der darauf hinfolgenden Komplettierungsarbeiten (Einbau des Förderstranges) ist, unabhängig davon, ob nach Bodenschätzen wie Erdöl, Erdgas oder Geothermie gesucht wurde oder eine Erkundungsbohrung (Explorationsbohrung) abgeteuft wurde, der Bohrturm nicht mehr nötig. An Stelle des Bohrturms bzw. der zum Turm gehörigen Abschlusseinrichtungen (Blowout-Preventer) wird bei Öl-, Gas- oder Wasserfunden im Regelfall eine Verflanschung und ein Eruptionskreuz und bei druckschwachen Ölbohrungen eine Ölpumpe (z. B.: Pferdekopfpumpe) aufgebaut. Auf Bohrinseln wird im Regelfall der Bohrturm nach Abschluss der Bohrarbeiten stehengelassen, um weitere Arbeiten durchführen zu können.

Geschichte

1813 wurde im Wald zwischen Pechelbronn und Kutzenhausen der erste Bohrturm der Welt errichtet, auf zwei Holzpfosten (Nachbau heute Ausflugsziel), etwa 100 Jahre vor der industriellen Ölförderung in den USA, errichtet. Ab 1917 wurde hier auch mittels Stollen unter Tage nach Erdöl-Linsen gegraben.

Historische Bohrtürme zur Soleförderung

In einigen Kurorten existieren historische Bohrtürme für die Förderung der Sole. Sie stehen meistens unter Denkmalschutz, werden aber gelegentlich zur Aufweitung der Bohrung eingesetzt.

Ort Höhe des Bohrturms Baujahr des Bohrturms Koordinaten Bemerkungen
Bad Salzungen 17,70 m 1869 50.81556 N 10.23434789 O
Bad Rappenau 18,70 m 1905 49.236585 N 9.11800304 O
Bad Dürrheim 40 m 48.013516 N 8.542377 O Doppelanlage
Bad Dürrheim 40 m 48.015702 N 8.529143 O Doppelanlage, heute Jugendhaus
Luitpoldsprudel, Bad Bocklet 50.242472 N 10.081040 O
Bad Zurzach 47.594338 N 8.291762 O 4 Bohrtürme
Einbeck 51.771613 N 9.918669 O

(Tabelle bitte erweitern und ergänzen)

Siehe auch

Wiktionary: Bohrturm – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Bohrturm – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien