Hinterland

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Hinterland ist ein Begriff aus der Humangeographie in verschiedenen Kontexten. Der deutsche Begriff wurde als L'hinterland ins Französische, als El hinterland ins Spanische, als hinterlândia ins Portugiesische und 1888 als The hinterland auch ins Englische übernommen.

Humangeographie

In der Humangeographie bzw. politischen Geografie handelt es sich um ein ländliches Gebiet, das größeren Städten oder Einzugsgebieten nachgelagert ist und nur von wenigen Einwohnern bewohnt wird. Meist ist das Hinterland durch eine reduzierte Infrastruktur gekennzeichnet. Beispiele dafür sind: Hessisches Hinterland / Hinterlandkreis; Hinterlandbahn (Thüringen); Bezirk Hinterland (Schweiz), Glarner Hinterland (Schweiz).

Im Zuge dessen wurde der Hinterland-Begriff wiederkehrend politisch aufgeladen und dessen Marginalisierung zum Mythos stilisiert.[1] Beispielhaft sei das ungarische Hátország als Heimat „echt ungarischer“ Werte genannt.[2] Cornelius Pollmer verwendet den abgewandelten Begriff Randland.[3]

Politische Geografie

In der Politischen Geografie stammt der Begriff aus dem früheren internationalen Kolonialrecht, einem Teil des Völkerrechts des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, wo damit der Teil des Landes gemeint war, in dem die Staatsgewalt bereits Zugriff hat, ohne aber rechtmäßig bereits unterworfen zu sein. Dies war meist das Landesinnere hinter den zunächst eroberten oder angekauften Küstenstreifen.

In der Ära des Entdeckungszeitalters im 15. und 16. Jahrhundert wurde aus der Inbesitznahme eines Punktes der Küste die Okkupation des ganzen Kontinents oder der gesamten Insel gefolgert.

Das Völkerrecht wurde in der Folge soweit entwickelt, dass nur dort von Gebietshoheit sprechen konnte, wo tatsächliche staatliche Autorität ausgeübt wurde, z. B. durch Anlage von Stationen. Das Hinterland konnte darüber hinaus nur dort als Kolonialgebiet in Betracht kommen, wo es sich um staatenloses Gebiet oder die im Imperialzeitalter übliche Interessensphäre handelte.

Der deutschsprachige Begriff „Hinterland“ hat sich auch in Oberitalien etabliert; so wird z. B. die ländliche Umgebung des Großraums Mailand auch im Italienischen mit „Hinterland“ bezeichnet. In Australien steht es für Gebiete, die in einem größeren Abstand von der Küste liegen, im Gegensatz zu den riesigen Flächen im Landesinneren, die als Outback bezeichnet werden.

Verkehrsgeografie

In der Verkehrsgeografie handelt es sich um das kontinentale Einzugsgebiet eines Handelshafens. Für die Logistik ist die Verbindungsqualität eines Handelshafens mit seinem Hinterland ein wesentlicher Indikator für die Leistungsfähigkeit desselben. So sind die nordeuropäischen und adriatischen Häfen an leistungsfähigen Hinterlandverbindungen (v. a. Bahnstrecken und Autobahnen) interessiert, um die im Hafen umgeschlagenen Güter in größtmöglicher Effizienz weiterzutransportieren.

Durch verschiedene TEN-Verkehrsinfrastrukturprojekte wird daher in den Ausbau dieser Verbindungen investiert, so z. B.

Auch die englische, französische, italienische und die spanische Sprache verwenden die Begriffe „the hinterland“ (hinter einem Handelshafen) „le hinterland“ und „el hinterland“ ohne eigene Entsprechungen.

Militärgeografie

In der Militärgeografie bezeichnet Hinterland das hinter einer Kriegsfront gelegene Gebiet (siehe auch: Etappe). Im weiteren Sinne galt der Begriff propagandistisch der Bevölkerung des einen Krieg initiierenden Staatsgebildes, von der sich moralische und materielle Unterstützung versprochen wurde (siehe auch: Heimatfront).

Wiktionary: Hinterland – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Claus Leggewie: Populismus. Rechtsverschobener Klassenkampf. In: EconStor. Wirtschaftsdienst, ZBW Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft, 2019, abgerufen am 3. April 2020.
  2. Esther Kinsky: Hinterland. Oder: punk is not dead. In: Zeitschrift Osteuropa. Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde, Dezember 2011, abgerufen am 3. April 2020.
  3. Cornelius Pollmer: Randland. Reportagen und Berichte aus dem deutschen Osten. Thelem, Dresden 2018, ISBN 978-3-95908-469-7.