Horst Boog

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Horst Boog (* 5. Januar 1928 in Kleinkayna bei Merseburg) ist ein deutscher Militärhistoriker und war leitender wissenschaftlicher Direktor des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes in Freiburg.

Leben

Das vierte Kind des Werkmeisters im Braunkohlenwerk, Johannes Boog und der Frieda, geb. Winzer, besuchte ab 1934 die Volksschule in Großkayna und ab 1938 die Städtische Oberschule für Jungen in Merseburg/Saale. In seiner Jugendzeit erlebte er die Bombenangriffe auf den Industriekomplex in Leuna-Merseburg. 1944 wurde er in der Hitlerjugend zum Segelflieger ausgebildet und danach im Volkssturm eingesetzt. Nachdem er Mitte April 1946 die Schule beendet hatte, war eine sofortige Studienaufnahme durch Überfüllung der Hochschulen verhindert und er besuchte eine Fremdsprachschule in Leipzig, an der er im Februar 1947 die Dolmetscher- und Korrespondentenprüfung für Englisch ablegte. Anschließend war er als Übersetzer am Internationalen Militärgericht in Nürnberg tätig.

Zum Sommersemester 1948 war er zum Studium der Geisteswissenschaften an der Phil.-Theol. Hochschule Regensburg zugelassen. Die Währungsreform im Juni 1948 entzog ihm jedoch die materielle Grundlage und machte elterliche Zuschüsse aus der Ostzone unmöglich. Durch Gelegenheitsarbeiten konnte er noch ein weiteres Semester in Regensburg und das Sommersemester 1949 an der Universität Kiel selbst finanzieren. Zum akademischen Jahr 1949/50 erhielt er ein Stipendium als Austauschstudent für das Middlebury College, an dem er am 12. Juni 1950 die Prüfung für den Grad eines Bachelor of Arts in Geschichte und Philosophie bestand. Danach fand er Beschäftigung als Holzfäller in den Catskill Mountains und sollte eine Schneise zu einer atombombensicheren Neubausiedlung am Shawangunk River schlagen. Wie er später erfuhr, war sein Arbeitgeber der Architekt der Berliner Olympiastadions.[1] Bei seiner Rückkehr aus den USA gab es noch keine Förderung für in der Ostzone beheimatete Studenten, die weder politisch Verfolgte noch Flüchtlinge, Spätheimkehrer oder Kriegsbeschädigte waren. Um seine akademischen Ausbildung mittellos zum Abschluss zu bringen arbeitete er daher 1950 zunächst als Pressesachbearbeiter in Stuttgart und 1951–1964 als wissenschaftlich-technischer Angestellter in einem Nachrichtenbüro (Militärischer Nachrichtendienst und danach Bundesnachrichtendienst). Daneben war er als freiberuflicher Übersetzer tätig. Seit 1950 beschränkte sich sein Studium auf die Freizeit, auf den Besuch von Abendveranstaltungen an der TH Stuttgart (WS 1950/51) und auf unbezahlte Urlaubsmonate in denen er an Vorlesungen und Übungen in Geschichte, Philosophie, Völkerrecht und Pädapogik an der Universität Heidelberg teilnehmen konnte. Zu seinen Hochschullehrer zählten die Professoren Andrews, Bense, Caselmann, Conze, Cook, Dachs, Ernst, Fuchs, v. Fürstenberg, Gönnewein, Kämpf, Kellenbenz, Kühn, Löwith, Metzke, Kosler, Munford, Weizäcker, Wentzel. Im August 1955 erwarb er an der Alliance Franchise in Paris das Diplome de Langue. 1965 promovierte er an der Universität Heidelberg mit der Arbeit Graf Ernst zu Reventlow (1869-1943): eine Studie zur Krise der deutschen Geschichte seit dem Ende des 19. Jahrhunderts.

Durch Hermann Heidegger kam er nach Freiburg, wo er die erste und einzige wissenschaftliche Konferenz über das Luftkriegsgeschehen des Zweiten Weltkriegs initiierte. 1979–1993 war er Präsident der Freiburger Museumsgesellschaft.

Er war an drei Bänden von Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg (1983, 1990, 2001, 2008) beteiligt. Seit 1982 ist er eine international anerkannter Experte für das Kriegsvölkerrecht, wie dem Recht zum Krieg (ius ad bellum) und dem Recht im Krieg (ius in bello).[2] Heute befasst er sich philosophisch mit Karl Popper.

Veröffentlichungen

  • Graf Ernst zu Reventlow (1869-1943): eine Studie zur Krise der deutschen Geschichte seit dem Ende des 19. Jahrhunderts; Philosophisch-historischen Fakultát der Universität, 1965 (Vita: S. 326)
  • Von El Alamein bis Stalingrad; Die Welt im Krieg 1941-1943; Band 2
  • Das Offizierkorps der Luftwaffe, 1935-1945; In: Das deutsche Offizierkorps 1860-1960; Hans Hubert Hofmann (Boppard am Rhein: 1980), S. 269-325
  • Die deutsche Luftwaffenführung 1935 - 1945: Führungsprobleme; Spitzengliederung; Generalstabsausbildung; 1982
  • Der Angriff auf die Sowjetunion; DRZW 4; Stuttgart; 1983
  • Der anglo-amerikanische strategische Luftkrieg über Europa und die deutsche Luftverteidigung; In :Der globale Krieg. Die Ausweitung zum Weltkrieg und der Wechsel der Initiative 1941-1943; (DRZW 6), Stuttgart, 1990; S. 429-565
  • Luftkriegführung im Zweiten Weltkrieg. Ein internationaler Vergleich; 1992
  • Bombenkrieg, Völkerrecht und Menschlichkeit im Luftkrieg; 1998; In Die Soldaten der Wehrmacht; S. 256-323
  • Strategischer Luftkrieg in Europa und Reichsluftverteidigung 1943-1944 ; In: Das Deutsche Reich in der Defensive: strategischer Luftkrieg in Europa, Krieg im Westen und in Ostasien, 1943-1944/45; In: Gerhard Krebs, Detlef Vogel: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg; Stuttgart: 2001; SA 3-418
  • Die strategische Bomberoffensive der Alliierten gegen Deutschland und die Reichsluftverteidigung in der Schlußphase des Krieges; In :Der Zusammenbruch des Deutschen Reiches 1945. Die militärische Niederwerfung der Wehrmacht (Rolf Dieter Müller), Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg 10/1; Stuttgart: 2008) 777-884

Einzelnachweise

  1. Timmermann: The Future a Memory; S. 129
  2. Benda-Beckmann: A German Catastrophe?: German Historians and the Allied Bombings, 1945-2010; S.170